Welchen Stellenwert hat ein MBA-Abschluss bei deutschen Personalverantwortlichen?

Deutschland diskutiert in jüngster Zeit kontrovers: Welchen Stellenwert hat ein MBA-Abschluss bei deutschen Personalverantwortlichen? Für wen wirkt sich ein MBA karrierefördernd aus? Über diese und andere Themen sprachen Vertreter verschiedener Business S

Montag, 10 Dezember, 2007

Deutschland diskutiert in jüngster Zeit kontrovers: Welchen Stellenwert hat ein MBA-Abschluss bei deutschen Personalverantwortlichen? Für wen wirkt sich ein MBA karrierefördernd aus? Über diese und andere Themen sprachen Vertreter verschiedener Business Schools und Unternehmen anlässlich der MBA-Konferenz Anfang November 2007 in Berlin. Georgia Shaw, Corporate Sales Manager der britischen OU Business School in München, nahm an der Konferenz teil. In den Gesprächen und Vorträgen beobachtete sie eine deutliche Diskrepanz: Absolventen haben mit einem MBA-Studium ihre Managementkenntnisse hochwertig erweitert und berichten von signifikanten Karrierevorteilen. Große deutsche Unternehmen rekrutieren sehr gerne Mitarbeiter gerade wegen ihres MBA-Diploms. Aber: In ihren Manager-Weiterbildungsstrategien spielen MBA-Programme oft eine eher untergeordnete Rolle.

Was sind die Gründe für diesen Widerspruch? Ist die Auswahl der verschiedenen konkurrierenden deutschen, angelsächsischen oder amerikanischen Programme zu groß und unübersichtlich, wie in Berlin behauptet? „Nein, warum sollte es für HR-Profis kompliziert sein, für ihr Unternehmen ein gutes Programm zu finden?“, antwortet Georgia Shaw mit einer Gegenfrage. „Schließlich sind sie Fachleute und kennen die eindeutigen Qualitätskriterien, die Titelhändler und ‚Möchtegerns’ aus der Wahl ausschließen“. Zu den Qualitätsmerkmalen zählen: Anerkannte Akkreditierungen wie EQUIS, Internationalität, das akademische Renommee der Hochschule und die praktische Anwendbarkeit der MBA-Studieninhalte.

Es gibt andere Gründe, warum mancher Personaler zögert: „Deutschland ist immer noch kein wahres MBA-Land“ meint Tristan Sage von der OU Business School, der deutsche und österreichische Studieninteressierte und Firmenkunden berät. Von mittelständischen Unternehmen hört er öfter, dass sie befürchten, der hochmotivierte MBA-Absolvent kehre trotz Kostenübernahme oder Freistellung dem Unternehmen bald den Rücken - insbesondere dann, wenn er weder einen neuen Posten noch mehr Geld erhält. Diese Überlegungen werden auch von Repräsentanten großer Unternehmen wie Deutsche Telekom, DHL, Deutsche Post oder IKEA geäußert, deren Mitarbeiter bereits an der OU Business School ein MBA-Programm berufsbegleitend im betreuten Fernunterricht absolviert haben.

„Personalverantwortliche in medizinisch- oder bio-wissenschaftlichen und stark technischen Unternehmen, vielfach mit amerikanischem Firmenhintergrund, stufen den Stellenwert des MBA höher ein“, berichtet Sage. Der Blickwinkel in Großbritannien oder in den USA ist anders: Dort fördern Firmen traditionell mit einem gesponserten MBA sowohl die Weiterbildungsmotivation als auch die Bindung an das Unternehmen. Nach Ansicht von Georgia Shaw wird in Deutschland den Managern, die viel Zeit und auch oft eigenes Geld in ein stressiges MBA-Programm stecken, nicht immer die nötige Anerkennung zuteil. „Die Wertschätzung sollte aber über ein bloßes Kaffeetrinken mit dem Vorstand hinausgehen“, gibt Georgia Shaw zu bedenken.

Gute Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, ist in Zeiten, in denen Fachkräfte knapp sind und viele Führungskräfte ins Ausland abwandern, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Ein Beispiel aus München: Arne Steffen Dehler absolvierte ein MBA-Studium an der OU Business School. Sein damaliger Arbeitgeber unterstützte sein Weiterbildungsanliegen mit geringer zeitlicher Freistellung. Der Diplomingenieur wechselte alsbald zu einem High-Tech-Unternehmen als Gruppenleiter. Drei Jahre später berief dieser Arbeitgeber Dehler zum Technischen Vorstand und eröffnete dadurch seinem Mitarbeiter die Perspektive, die seinen Plan, nach Australien umzuziehen, überflüssig machten. „Der Aufsichtsrat sagte mir, dass mein Wissen und mein Erfahrungshorizont aus dem MBA-Studium für seine Entscheidung ausschlaggebend war“, berichtet Steffen Dehler nicht ohne Stolz.

Geschäftsführer vertreten oft die Meinung, dass ein MBA dem Manager enormen Wert bringen kann, so auch der seit 2005 CEO der größten britischen Budget-Fluglinie Easy Jet, Andrew Harrison, kürzlich im Interview. Harrison machte seinen MBA in Cranfield. Ohne MBA wäre er heute nicht da, wo er steht, gesteht er offen, sieht aber im MBA in erster Linie den persönlichen Vorteil für den Manager, der sich somit selber darum kümmern muss. „Vielleicht ist es doch kein Widerspruch, sondern die Erwartung, dass eine gute Führungskraft die Initiative ergreift, auch in Sachen MBA“, meint Sage.

Der Trend geht dahin, dass es für Unternehmen zunehmend vorteilhaft wird, wenn ihre Personalverantwortlichen stärker an die globalen Bildungsstrukturen und die Erwartungshaltungen ihrer Mitarbeiter denken. Auch wenn die meisten Absolventen immer wieder bestätigen, dass ihr MBA einen besonderen „persönlichen Wert“ darstellt, wäre es sinnvoll, wenn Arbeitgeber an dieser „Wertschöpfung“ in einem noch größeren Ausmaß für ihr Unternehmen teilhaben, sie in ihrer Personalstrategie nutzen und fördern.